Kaffeehäuser Lettland

Im September ging es zu einem Kurzurlaub nach Lettland. Nach einem Jahr Pandemie fast schon ein wenig aufregend. Wir sind nach Riga geflogen, um dann in Liepaja ein wenig am menschenleeren Strand abzuhängen. Vielleicht liegt es an Corona, vielleicht auch an einer  sich verändernden Kaffeehauskultur. Die meisten Cafés waren einfach leer. Draußen sitzen ging immer, innen keine Menschen, weshalb ich atmosphärisch das Gefühl hatte, so macht das Kaffeehaus irgendwie auch keinen Spaß. Trotzdem fanden sich ein paar Perlen.

In Kuldiga, einem eher verschlafenen Städtchen, liegt zentral das „Kursas Zeme„. Hier wird der Kaffee selbst geröstet und auch zum Mitnehmen verkauft.  Da  das Wetter gut war, saßen wir draußen, mir gefiel jedoch die Atmosphäre der Innenräume.  Der Kaffee war lecker, ich hatte die Tasse fast leer, als mir einfiel, dass ich ja ein Foto machen wollte…

 

Café Kursas Zeme, Kuldiga

Am Strand von Liepaja gab es kein Kaffeehaus. Zwei nette Strandbars, natürlich auch mit Kaffee im Angebot. Der Lavazza – Automat bringt es irgendwie ganz gut auf den Punkt, wie es um die Kaffeehauskultur in Liepaja bestellt ist:

Trotzdem: Der Strand ist atemberaubend schön!

Strand Liepaja

In Riga fanden wir dann viele Kaffeehäuser, allerdings auch viele geschlossene. Das Café Leningrad sollte man unbedingt besuchen. Vielleicht eher abends, wenn es sich in eine Underground-Musikhöhle verwandelt. Es liegt im Keller, wenn man reinkommt riecht es modrig, der Geruch verrauchter, alkoholisierter Nächte mischt sich mit den muffig wirkenden Büchern und  Flohmarktartikeln, die das Lokal zieren.  Trotzdem: Es bleibt in Erinnerung und ist so schrill, dass man hingehen muss. Der Wirt des Leningrad, den wir morgens vermutlich geweckt haben, hat uns dann freundlicherweise seine Lieblingscafés in Riga genannt. So war es leichter weitere Kaffeehäuser ausfindig zu machen.  Im Leningrad kommt der Kaffee in der Blümchentasse, er schmeckt, aber man ist genaugenommen viel zu sehr damit beschäftigt all die skurrilen Dekoartikel, Platten und Zeitschriften zu studieren.

Café Leningrad, Riga

Auf Empfehlung sind wir dann noch in die „Rocket Bean Roastery“, der Inbegriff des modernen und stylischen Kaffeehauses. Wen man an den Tischen sitzt, schaut man aus dem Fenster. Dadurch kommt man vermutlich nie in die Verlegenheit mit irgendjemand sprechen zu müssen. Ich kann mir vorstellen, dass sich am Fenster des Rocket Bean normalerweise junge Menschen mit ihren Laptops bei einem Latte Macchiato einfinden. Als wir dort waren, war es leer…Pandemie eben.

Rocket Bean Roastery, Riga

Cappuccino Rocket Bean Roastery, Riga

Auch wenn es hübsch aussieht, ich reagiere ein wenig empfindlich auf diese Herzchen im Kaffee. Ein Cappuccino sieht halt anders aus. Das Rocket ist ein stylisches, durchoptimiertes Kaffeehaus. Klar, man kann dort Kaffee trinken aber all das was ich mit Kaffeehäusern verbinde, findet man dort nicht: Die Intellektuellen, die Künstler, die Schriftsteller…

Café und Pasteleria Benard, Lissabon

Pastelaria Benard, Lissabon
Café Benard, Lissabon

Eigentlich müsste man ins Café Brasileira wenn man in Lissabon ist. Ich hab nur kurz reingeschaut und bin dann schnell wieder raus. Es ist sicher ein sehr schönes Café, nur gemütlich wirkt es überhaupt nicht. Eher wie im Taubenschlag. Kaffee wollte ich trotzdem trinken und deshalb bin ich in ein kleines, von außen leicht zu übersehendes Café gegangen, das direkt neben dem Brasileira liegt. Es ist nicht gleich als Café zu erkennen, weil Restaurant dran steht:

Café Pastelaria Benard, Lissabon

Eine Pastelaria ist eine Konditorei und das Benard ist wohl für seine Croissants bekannt. Ich wollte jedoch, einen Tag vor der Abreise, unbedingt ein Pastéis de Nata, diese kleinen Törtchen, die in Lissabon das „Nationalgebäck“ zu sein scheinen, probieren. Mit süßem Gebäck hab ich es nicht so und Vanillepudding schon gar nicht. Aber: Sie schmecken! Sie bestehen aus einem Blätterteigtörtchen das mit geflammter Vanillecreme gefüllt ist.

Und dazu gab es einen „café expresso duplo“.

Natürlich hätte es noch deutlich mehr Auswahl an Leckereien gegeben, aber mir geht es meist um den Kaffee, der kräftig und aromatisch war, vermutlich aus Robusta-Bohnen.

Das Benard gibt es seit 1868 und Königin Elisabeth II wurde wohl auch schon mit den süßen Teilchen des Benard verwöhnt:

Ich hätte im Café Benard gerne mehr Zeit verbracht. Mich treiben lassen, die Kellner beobachten, lesen, schreiben, aber die Lissaboner nutzen ihre Kaffeehäuser eher als Kurzunterbrechung der Arbeit. Wahrscheinlich wäre man verdächtig, würde man ein oder zwei Stunden im Café verbringen. Vielleicht auch deshalb die überdimensionale Uhr, die im Café von allen Tischen aus zu sehen ist.

Dabei erlebte ich Lissabon  insgesamt eher entschleunigt. In den Straßen war das Tempo langsamer, der marode Charme alter Gebäude, die angenehm milden Temperaturen im Dezember, das Lebensgefühl der Portugiesen…Saudade, ein Gefühl , das traurig unterhalb des Bewusstseins macht und gleichzeitig angenehm, wie das süße Gift der Melancholie wirkt.

Prager Kaffeehauskultur

Grand Café Orient, Prag

Ursprünglich wollte ich auf diesem Blog regionale Cafés vorstellen. Da ist man in einer Kleinstadt schnell durch. All die wunderbaren Kaffeehäuser großer Städte wären dann hier auch nicht zu finden. Das soll sich ändern. Sie wissen ja: mein Traumjob wäre Kaffeetester!

Prag ist was Grand Cafés angeht großartig. Der erste Besuch galt dem Café Slavia, Prag.

Prager Kaffeehaus

Früher war dies das Stammcafé von Václav Havel. Das Interieur ist weitläufig, die Tische nicht zu eng gestellt. Der Service war ein wenig holprig was vielleicht an der Sprachbarriere lag. Die Frage „What do you want?“ für meinen Geschmack etwas zu scharf vorgetragen. Der Kaffee unspektakulär. Ich weiß nicht ob es an unserer Erschöpfung lag, es war heiß, wir sind viel gelaufen, oder ob dem Slavia tatsächlich der Geist abhanden gekommen ist. Dieser scheint sich nur noch auf der Karte zu befinden:

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Ganz anders das „Grand Café Orient„! Ein kubistischer Traum! Eröffnet 1912 war es 10 Jahre in Betrieb und wurde dann geschlossen, weil es zu unmodern war. 2004 wurde das Kaffeehaus, nachdem es liebevoll von Rudolf Brinek restauriert war, neu eröffnet. Man betritt die Räume und es läuft die Musik der 20iger Jahre des letzten Jahrhunderts. Das allein sorgt dafür, dass man in einen anderen Modus kommt, sich vorstellen kann, wie an den Tischen gelesen, diskutiert, geschrieben wurde. Dann das Kaffeegedeck: Türkischen Kaffee habe ich gewählt und wurde nicht enttäuscht.

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Das Café Orient ist im ersten Stock des Hauses zur schwarzen Muttergottes. Unaufmerksame Touristen nehmen es nicht wahr, im Erdgeschoss befindet sich ein weiteres Café. Wir saßen auf  dem  kleinen Balkon und genossen den Kaffee. Das Orient bekommt 5 Sterne von mir und wenn ich mich nach echter Kaffeehauskultur sehne, werde ich einen Kurztrip nach Prag machen.

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L’Aiglon – ein zauberhaftes Café in Zonza

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Zugegeben: Es handelt sich nicht um ein regionales Café. Das L’Aiglon liegt in einem idyllischen Bergdorf, in Zonza, in den Bergen Korsikas. Und es ist auch kein richtiges Café, sondern ein Mini-Restaurant mit Mini-Hotel. Aber man kann dort eben auch Kaffee trinken.

L’Aiglon, Zonza (Korsika)

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Das L’Aiglon liegt im Alta Rocca  im Süden Kosikas. Wir haben uns dort vor dem kalten Wind in Sicherheit gebracht und fanden uns in einem wohnzimmerähnlichen Gastraum wieder. Offener Kamin, Bücher, Tee und Bonbons auf der Theke und korsische Musik die an Fados, den Klang Portugals, erinnert. Im Gespräch mit dem Wirt Francois Quiliquini erfahren wir, dass es sich zum Teil um seine eigene Musik handelt. Er spielt in der Band Alte Voce und wir hören beim Kaffee Amore Umanu, das neueste Album dieser korsischen Gruppe. Nebenbei erfahren wir, dass das L’Aiglon über 10 Zimmer verfügt und Gäste aus ganz Europa beherbergt. Ich bin nicht nur vom Kaffee überzeugt, sondern auch von der Freundlichkeit und Offenheit des Korsen. Es gelingt mir nach dem Kaffee, den man mit Zucker trinken muss, ein wenig mehr die korsische Seele zu erahnen.

Und hier noch ein Blick aus dem Fenster des L’Aiglon:

 

Auf dem Weg zum Turm der Sinne

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Auf dem Weg zum „Turm der Sinne“ in Nürnberg, entdeckte ich ein kleines Café, das mich allein schon wegen der bunten Kaffeepackungen beim Blick durchs Fenster neugierig machte: Das Kaffino.

Kaffino, Nürnberg

Das Kaffino ist ein winziges Café. Für Liebhaber schöner Kaffeemaschinen hat das kleine Lokal einen echten Hingucker.

Kaffeemaschine im Kaffino

Ich hab nicht gefragt welches Modell im Einsatz ist, sicher ist jedoch: der schwarze Kaffee schmeckt sehr gut. Wenn Ihr also einen Besuch im „Turm der Sinne“, einem kleinen Wahrnehmungsmuseum in Nürnberg, plant, dann macht einen Abstecher in das Kaffino.

Kaffino

Ihr findet es in der Karl-Grillenberger-Straße 20. Im Moment ist Winter, es war gut geheizt, die Atmosphäre angenehm. Wie es im Sommer ist, weiß ich nicht. Das werde ich sicher auch noch erkunden, aber ich denke das Café lebt von seinem farbenfrohen Ambiente. Der Außenbereich wirkt nun nicht besonders einladend.

Wo gibt es den besten Cappuccino?

…in einem kleinen Café auf der Ostalb.

Reichstädter-Café, Aalen

Wo gibt es den besten Cappuccino in Aalen? Im Reichstädter-Café! Nicht viele Kaffeehausbetreiber schaffen es, das Geheimnis des Cappuccino-Schaums zu lüften. Ein echter Barista erkennt am Ton der Milchschaumdüse ob das Kunstwerk gelingt. Björn Ulrich und Markus Scheffler können Café kochen und deshalb haben sie auf meiner Kaffeepsychologie-Seite eine Erwähnung verdient!

Aber nicht nur der Cappuccino ist gut. Für ein langes und ausgiebiges Frühstück mit anschließender Zigarette in der Raucherlounge -dem ehemaligen Wohnzimmer der Besitzer- lohnt sich der Weg in’s Reichstädter. Das Raucherzimmer hält noch eine Überraschung bereit:

Ein Aquarium.

Überhaupt: Das Reichstädter ist das schönste Raucher-Café das ich kenne. Kein Schmuddelambiente sondern ein gepflegter Rauchersalon. Und wer nicht mehr in geschlossenen Räumen rauchen will, setzt sich raus in die Fußgängerzone und schaut dem lebendigen Treiben zu. Im Sommer ein echter Gewinn für die schwäbische Kleinstadt.

Wo ist das Reichstädter? An der Stadtkirche 17! Einfach hingehen!

Und damit Sie noch das ganze Cafe, das eigentlich ganz klein ist, bestaunen können, ein letztes Bild:

Cafe Ex Libris, Schwäbisch Gmünd

Café EX LIBRIS

Schwäbisch Gmünd

Beim Café EX LIBRIS handelt es sich um einen echten Geheimtipp. Während auf dem Schwäbisch Gmünder Marktplatz das Leben pulsiert, kommt man durch das Tor am Ende des Marktplatzes, in einen romantischen Innenhof. Unmittelbar neben der Stadtbücherei kann man gemütlich und fern vom Lärm der Stadt seinen Café genießen.

EX LIBRIS, Schwäbisch Gmünd

Es gibt sicher nicht viele Cafés, deren Pächter sich der Poesie verschrieben haben. Mariam Wamsler ist Mitglied des Gmünder Literaturkreises und veröffentlicht hier regelmäßig eigene Gedichte. Nur an der Zeit fehlt es ihr, denn für ihre Gäste bringt Frau Wamsler 7 Tage die Woche vollen Einsatz.

 

Empfehlenswert ist der „normale“ Café, aber auch die kleinen wechselnden Tagesgerichte. Wer gerade aus der Stadtbücherei kommt, bereut sicher nicht noch einen Abstecher in’s EX LIBRIS gemacht zu haben. Und wer in Schwäbisch Gmünd auf der Suche nach Ruhe ist, gerne Zeitung liest, kann hier eine über das Übliche hinausgehende Palette an Tageszeitungen finden. Wechselnde Ausstellungen regionaler Künstler sorgen für ästhetische Abwechslung im ohnehin schönen Ambiente.

Kaffee zu Hause anbauen

Meine Freundin Birgit hat einen Kaffeebaum in ihrer Wohnung. Er ist ca. 1 Meter hoch. Acht Kaffeebohnen trägt er. Das dürfte knapp ausreichen für eine Tasse. Da die meisten Menschen nicht soviel Platz haben, um eine Kaffeeplantage zu Hause zu betreiben, wäre vielleicht die Windowfarm eine Alternative.

Weihnachtskaffee: Kaffee Ayurvedisch

Eigentlich mag ich Kaffee so wie er ist. Mit einer Ausnahme: Die ayurvedische Variante. Und die geht so:

  • Nelken, grünen Kardamom, Zimtstangen, Anis, Sternanis, schwarzer Pfeffer und Fenchelsamen im Mörser zerkleinern.
  • Drei Esslöffel Kaffeepulver in eine Drückkanne geben.
  • 3 Scheiben Ingwer mit 0,75 l Wasser aufkochen.
  • Gewürzpulver in die Kanne auf den Kaffee.
  • Mit dem Ingwerwasser aufgiessen.
  • Genießen!

Kaffee und Cafés

Die eine Leidenschaft ist die Psychologie. Die andere der Kaffee. Wenn ich mir etwas wünschen könnte, dann eine zweigruppige Francesconi für meinen Haushalt. Als Zweitberuf strebe ich langfristig einen Job als Kaffeetester in den schönsten und größten Kaffeehäusern dieser Welt an! Bis dieses Jobangebot kommt, stelle ich ab und zu die kleinen Cafés in denen man gemütlich sitzen und stundenlang lesen und schreiben kann, vor.

Aber zuerst ein Kurztrip in das Land…

und wer das ganze Lied, gespielt von Squeezed, hören will:

http://youtu.be/Av2_kxTpJqw